Hypnotherapie ist bereits 2006 vom Wissenschaftlichen Beirat als wissenschaftlich begründete psychotherapeutische Methode anerkannt worden. Seither wurden zahlreiche wissenschaftliche Studien durchgeführt und Hypnose findet vielfache Anwendung. Dennoch beherrschen viele uralte Vorurteile die Auffassung über Hypnose.
Hypnose ist ein Verfahren zur Herbeiführung eines veränderten Bewusstseinszustandes, der zur Transformation der subjektiven Wahrnehmung führt und auch physiologische Reaktionen hervorrufen kann. Zu den subjektiven Veränderungen zählen u.a. eine Umorientierung der Aufmerksamkeit „nach Innen“ (z.B. eine verringerte Bereitschaft zur Verarbeitung externer Reize), leichterer Zugang zu unbewussten Verhaltensmustern, eine veränderte Körperwahrnehmung bis hin zu fast vollständiger Schmerzunempfindlichkeit. Diese Veränderungen werden auch als „Trance“ bezeichnet und können therapeutisch eingesetzt werden.
Wissenschaftlich nachgewiesen sind vielfältige peripher-physiologische (kardio-vaskulär, im Stoffwechsel-, hormonell, etc.) und auch hirnphysiologische Veränderungen. So kann mit bildgebenden Verfahren wie der funktionellen Magnetresonanztomographie (fMRI)) belegt werden, dass subjektive Veränderungen (etwa die Reduktion von Schmerzen) auch hirnphysiologische Entsprechungen haben. An der Universität Freiburg wird hierzu unter Frau Prof. U. Halsband intensiv geforscht.
Eine veränderte Realitätsorientierung, wie etwa eine verringerte Bereitschaft zur Verarbeitung externer Reize, ist begleitet von einer Erregungsreduktion in einer Struktur des Frontalhirns, im sog, dorsolateralen präfrontalen Cortex. Die Veränderungen der Aktivität bestimmter Hirnareale treten nicht nur bei Hypnose, sondern auch z.B. bei Meditation, Entspannungsverfahren, Tagträumen, lang dauernden monotonen körperlichen Bewegungen oder intensiven inneren Imaginationen auf.
Das Besondere an der Hypnose ist einerseits die Art der zumeist ritualisierten Herbeiführung des veränderten Bewusstseinszustandes und andererseits der bewusste Einsatz des Verfahrens, um bestimmte therapeutische Ziele zu erreichen. Im zahnärztlichen Kontext kann die Hypnose z.B. um schmerzhafte operative Eingriffe (Zahnextraktionen etc.) ohne Anästhetika durchzuführen, eingesetzt werden. Insbesondere die Reduktion der emotionalen Belastungen einer zahnärztlichen Behandlungssituation, bis hin zur Therapie von Zahnbehandlungsphobien, Spritzenphobien, chronischen Schmerzen, Suchterkrankungen (z.B. Rauchen) und immunologischen Prozessen, (z.B. bei Allergien und Hauterkrankungen) sind wichtige Einsatzbereiche.
Ebenso kann Hypnose für die Veränderung schädlichen Verhaltens (z.B. zur Optimierung des Mundhygieneverhaltens, des Ernährungsverhaltens etc.) oder auch zur Motivation, unangenehme Therapien durchführen zu lassen, eingesetzt werden. Für alle genannten Indikationen ist die Wirksamkeit der Hypnose wissenschaftlich belegt.
Beginnend bei den Frühkulturen Mesopotamiens über die Griechen und Römer bis hin zum Christentum: Fast alle Meditationsverfahren unterschiedlichster Religionen weisen starke Ähnlichkeiten mit Hypnose auf. Insbesondere in Indien findet man sehr ausgefeilte Techniken zur Herstellung von Trancezuständen und zur Dissoziation „weg vom weltlichen Geschehen“ hin zu einer Innerlichkeit oder zur Transzendenz zum Göttlichen. Alle mystischen Religionen, bedienen sich Trancetechniken, die der Hypnose verwandt sind. Es ist daher kaum möglich alle diese, sehr tief in der jeweiligen Religion verwurzelten Verfahren, theologisch-philosophischen Grundlagen und Intentionen ausreichend zu würdigen. Letztendlich liegt jedem Verfahren eine eigene Weltanschauung, ein eigenes Menschenbild oder zumindest eine besondere medizinische Sichtweise zugrunde. Dennoch kann davon ausgegangen werden, dass die Verfahren -zumindest in begrenztem Umfang-Wirksamkeit zeigten. Hier wird wieder deutlich in welchem Spannungsfeld sich die Hypnose bewegt. Einerseits die wissenschaftlich-erkenntnistheoretisch nicht fassbare Metaphysik und andererseits den ganz offensichtlichen Effekten, die mit Trancetechniken erzielt werden können, wie „Wunderheilungen“ oder dergleichen.
Bereits in den Höhlenzeichnungen des Paläolithikums, also vor ca. 20000 Jahre finden sich Hinweise auf schamanistische Techniken.
Von den Frühkulturen Kleinasiens, dem alten Ägypten und dem antiken Griechenland sind der Hypnose verwandte Techniken belegt, wie sie auch heute noch in verschiedenen Kulturkreisen angetroffen werden. Dasselbe gilt für außereuropäische Kulturen, wie z.B. den Mayas und vielen anderen mehr.
Im Mittelalter und der frühen Neuzeit war die Medizin religiös geprägt und auch hier fanden sich viele Ansätze zur Erklärung von Krankheiten mit den entsprechenden Auswirkungen auf die Therapie. Dies gipfelte in Europa im Exorzismus. So markierte ein Gutachten von Franz Anton Mesmer über den Exorzismus des Paters Gassner aus Dornbirn die Abkehr von diesem Krankheitskonzept der Besessenheit.
Mesmer setze an dessen Stelle sein Modell des animalischen, heute würde man wohl sagen biologischen, Magnetismus. In seiner Fluidum-Theorie postulierte er eine Substanz, das Fluidum, deren Fluss durch Krankheit ins Stocken geriet. So interpretierte er sein Handeln als die Auflösung dieser Hemmung des Flusses und einer Wiederherstellung einer Harmonie. Obwohl seine Schüler bereits die Effekte des von ihnen sogenannten Somnambulismus auf psychische Ursachen zurückführten, blieb Mesmer zeitlebens von seiner Theorie überzeugt.
Aus dem Mesmerismus entwickelte sich über unterschiedlichste Stationen und Umwege die moderne Hypnose. Hier seien nur James Braid, die Salpetriere in Nancy unter Charcot, die neue Schule von Nancy unter Liebeault und Bernheim, sowie Emile Coue exemplarisch genannt. Parallel finden sich immer auch Bezüge in den esoterisch religiösen-Bereich, der ebenfalls von Mesmers Schülern und deren Nachfolgern hergestellt wurden.
Die Rezeption der Hypnose in der Wissenschaft war immer sehr wechselhaft, anfangs wurde sie rundweg als Scharlatanerie abgetan, später auch ernsthaft wissenschaftlich untersucht. Der Begriff wurde erst Mitte des 19. Jahrhunderts von James Braid eingeführt. Die aus dem Mesmerismus entstanden Techniken wurden schließlich zur „klassischen Hypnose“ weiterentwickelt und mündeten im 20. Jahrhundert in die modernen Hypnoseformen, die Wesentlich von Milton Erickson beeinflusst waren. Auch Sigmund Freud wandte Hypnose an, verwarf sie jedoch wieder zu Gunsten der von ihm entwickelten Psychoanalyse.
Zeitweise fand Hypnose mehr auf den Jahrmärkten als in ärztlichen Sprechstunden statt und oftmals wurden eigentich hypnotische Methoden wegen des zweifelhaften Rufs der Hypnose unter einer anderen Bezeichnung praktiziert.
Trancephänomene sind in traditionellen Kulturen weit verbreitet und waren Gegenstand vieler anthropologischer Untersuchungen. Sprechen die Anthropologen von Trance, beziehen sie sich auf eine breitere Basis von Phänomenen und deren Induktion als es in der Hypnosetherapie üblich ist. Fünf Typen von Tranceinduktionen werden unterschieden: die Reduktion von Außenreizen und körperlichen Bewegungen, Drogen, die Steigerung oder die Reduktion der mentalen Aktivität.
Alle fünf Formen der Tranceinduktion haben letztlich eines gemeinsam, sie verändern das Denken, die Zeitwahrnehmung, die Wahrnehmung des Körperschemas, die Wahrnehmung an sich und die Erfahrung von Emotionen. Dies sind genau die Phänomene, die bei der Tranceinduktion mittels Hypnose berichtet werden. Es lassen sich zwei Grundtypen (nach Bourguignon) bei Heilungszeremonien unterscheiden: die Besessenheitstrance (mit vollkommener Amnesie und zeitweiligem Verlust der eigenen Persönlichkeit) und Trance als Medium zur Vermittlung mit übersinnlichen Kräften, Geistern oder Göttern. Die Trance dient dabei unter anderem als Mittel zur Reduktion seelischer Belastungen und damit zur Verhütung psychischer Erkrankungen, zur Kontrolle von Angst und Unsicherheit, zum Abbau von kulturell bedingtem psychischem und sozialem Stress. In der Trance können und dürfen sozial-normative Grenzen überschritten werden, ohne sanktioniert zu werden.
Im Wesentlichen kommen in unterschiedlichsten Kulturen sehr ähnliche Techniken zum Einsatz. Die zugrundeliegenden Konzepte wie die Anrufung von Göttern und Teufelsaustreibungen, Geisterbeschwörungen (Besessenheit), lebensenergetische Konzepte, animistische Konzepte und die Kommunikation mit einer Geisterwelt sind sehr ähnlich.
Auch in Zeremonien fast aller Religionen findet man hypnotische Verfahren. Hier sollen nur die gregorianische Gesänge der Zisterzienser,,Rosenkranzgebete“, „Wunderheilungen“, Exorzismus, der Gebetsritus im Judentum mit monotoner Bewegung etc. exemplarisch erwähnt werden: Ignatius‘ von Lojolas Exercitien weisen auffällige Parallelen zur Hypnose auf. Bei Meister Eckhart, dem mittelalterlichen Mystiker, finden sich „hypnotische“ Ansätze.
Der Einsatz von Trancezuständen, findet sich in allen Zeiten und Kulturen, in unterschiedlichsten Techniken und Varianten. Hypnose ist im besten Sinne universell. Aus der Geschichte und Anthropologie, lassen sich daher auch heute noch sehr interessante Ansätze für die praktische Anwendung der Hypnose ableiten und immer wieder zeitlose Techniken finden, sofern man ideologisches Beiwerk beseitigt und den kulturellen Kontext in die Betrachtung mit einbezieht.
Der im Jahr 1734 in Iznang geborene Franz Anton Mesmer galt lange zu unrecht als Vater der Hypnose, war aber einer der wichtigsten Wegbereiter und einer der Ersten, die versuchten, psychologische Phänomene wissenschaftlich zu erklären. Er steht am Übergang zur modernen Medizin und Psychologie.
Franz Anton Mesmer (1734-1815) war eine zentrale Figur für die Entstehung der Hypnose. Er war ein typischer Vertreter der Wissenschaftler seiner Zeit. Von Wissenschaftlichkeit war die Medizin zu Lebzeiten Mesmers noch weit entfernt. Gerade erfolgten im Zuge der Aufklärung erste Versuche, die Medizin naturwissenschaftlich zu erfassen. Mesmer suchte, ganz im Geiste seiner Zeit, nach einem allgemeingütligen System zur Erklärung von Krankheiten, und erfand ein Modell, das heutigen Vorstellungen in keiner Weise mehr entspricht und bereits zu seinen Lebzeiten von einer hochrangigen besetzten Kommision im Jahr 1794 in Paris verworfen wurde.
Sein System des animalischen Magnetismus, gelegenltich auch als Fluidum-Theorie bezeichnet, wurde erst posthum veröffenlicht. Im Grunde war es eine sehr mechanistische- materialistische Theorie. Psychische Ursachen und Wirkungen lehnte F.A. Mesmer zur Erklärung seiner therapeutischen Erfolge ab.
Er hing seiner Theorie bis zu seinem Tode an, obwohl bereits frühzeitig einige seiner Schüler ein anderes Modell für die Wirksamkeit seiner Methode fanden: Glaube und Einbildung – also die Kraft der Psyche.
Einer seiner Biographen, Ellenberger, verglich ihn mit Kolumbus, der zwar Amerika entdeckt hatte, selbst aber auf dem Sterbebett noch glaubte, den Seeweg nach Indien gefunden zu haben. So meinte Ellenberger, Mesmer habe die Psyche entdeckt und dies selbt nicht erkannt. Er sieht in Mesmers Wirken den Ursprung der dynamischen Psychiatrie.
Selbst heute noch wird „mesmerizing“ im Englischen als Synonym für Hypnotisieren verwandt. Der Begriff Rapport wurde von Mesmer geprägt und ist immer noch zentral für die Hypnose. Viele seiner Schüler beeinflussten die weitere Entwicklung in der Pychologie und der Hypnose maßgebend. Andere Spuren führen in den esoterischen-religiösen Bereich.
Mesmer war mit Sicherheit kein Scharlatan, wie oft behauptet wird, sondern vielmehr ein hochinteressante Persönlichkeit in seiner Zeit.
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